Es ist immerhin vier Jahre her, seit ich zum letzten Mal in der Chefetage antraben musste. Es ging um die Kohle, wie meist. Mein berufliches Selbstwertgefühl wurde an diesem Gespräch auf das Mass einer weiblichen Mikrobe zurechtgedonnert. Die Aufbauarbeit bis zur normalen Chamäleongrösse war - nun, davon kann ja Ernst mal mit seinem süffisanten Grinsen berichten.
Jetzt hat mich wieder ein Aufgebot ereilt,
überbracht von einem schwarzgekleideten Boten mit Henkersmaske, ohne Vorwarnung. Logisch, dass mir da gar nix Gutes schwant. Obwohl in der momentanen Situation "Gutes" ein ausgesprochen relativer Begriff ist, aber das sei nur am Rande erwähnt. Mich gesprächstechnisch auf das "Gespräch" genannte Prozedere vorzubereiten, hat keinen Sinn. Ich bin zwar des geschriebenen Wortes mächtig - wenns aber ums Reden geht, bin ich bekanntlich ein ziemlich hoffnungsloser Fall. Was ich eigentlich souverän, locker und eloquent sagen - oder
rufen möchte, kommt mir erst 2349857987 Minuten nach dem Gespräch in den Sinn. Dann immerhin perfekt formuliert und ohne Stammeln vorgetragen. Aufrecht und mutig, tough und ... es ist also sinnlos, zu üben, mir Argumente zurechtzulegen und den knallharten Konter aus der linken Flanke vorher zu trainieren.
Vielleicht werde ich im Vorfeld etwas Montaigne lesen, um gelassen zu bleiben. Und das letzte Gespräch geistig nochmals Revue passieren lassen - als eine Art Impfung mit bösen bösen Mikrobendingens, um das emotionale Immunsystem zu stärken. Möglich, dass sich dann der Scheff zum Abschluss noch ein bisschen ärgert, wenn ich seine Botschaft mit einem milden Lächeln entgegennehme statt mit hysterischem Händeringen.