Ein Top-Jahrgang war es nicht, mein Lesejahr 2012. Ich las so vor mich hin, über lange Wochen ganz zufrieden, aber so richtig begeistert hat mich nichts davon. Meine Titelauswahl war offensichtlich ab und zu von Freud`schen Motiven gesteuert (
Helen Walsh: „Ich will schlafen!“ – na ja, kein bleibender Eindruck, lieber hätte ich geschlafen statt gelesen!) und mittendrin rüttelte mich
>"Nur eine Ohrfeige" (Christos Tsiolkas)</a etwas auf. Auch David Vann ("Die Unermesslichkeit") war wirklich gut, aber bis ich zu
Anne Enright ("Anatomie einer Affäre") kam, blieb mein Enthusiasmus gedämpft. Danach kam Arbeit 4 und zum ersten Mal seit wirklich sehr vielen Jahren schlief ich regelmässig nachts beim Lesen ein - ein Phänomen, das mir bisher fremd war.
Zum Glück fanden mich aber im Lauf des Jahres doch noch einige Bücher, die auf meine Top-Liste 2012 gehören.
>„Erschiess die Apfelsine“ von Mikael Niemi </a hat mir so gut gefallen, dass ich sofort die "Populärmusik aus Vittula“ nochmals lesen musste und auch beim dritten Mal mit einer Mischung aus akutem Nordlandfernweh und dauerndem Lachen grossartig fand. Dann eine Liebesgeschichte:
„Leon und Louise“ von Alex Capus berührte mich, ebenso
„Die Geschichte von Mutter und Vater“ des norwegischen Autors Edvard Hoem. Bar jeder Romantik, aber sehr gut war
"Bessere Zeiten“ von Susanna Alakoski – mittlerweile verfilmt von Pernilla August mit Stieg-Larsson-Star Noomi Rapace.
Als ich das Nordlandfernweh endlich stillen konnte, hat mich die
Trilogie von Anne B. Radge auf dem Beifahrersitz immer wieder zum Lachen gebracht: „Das Lügenhaus“, „Einsiedlerkrebse“ und „Hitzewelle“ – auch wenn man beim dritten Band dann langsam genug von News aus dem Schweinestall hat. Bei der Fahrt durch die Finnmark dann
„Little Bee“ von Chris Cleave – hier hat mich die Verknüpfung von lockerem Erzählstil und knallharten Fakten zu Asylpolitik und politischer Lage in Nigeria ziemlich beeindruckt.
Wieder zurück im Alltag dann ein sehr stilles und poetisches Buch:
“Ich nannte ihn Krawatte“ von Milena Misiko Flasar. Und eines, bei dem ich zum ersten Mal – noch eine Premiere – während des Lesens Tränen vergossen habe: John Green:
„Das Schicksal ist ein mieser Verräter“. . So richtig atemlos begeistert las ich endlich mal
„Die Wand“ von Marlen Haushofer – manchmal braucht es eben eine Verfilmung, damit ein Titel auf der sehr langen Leseliste schlagartig nach vorne rückt. Den Film habe ich aber noch nicht gesehen: wenn mir ein Buch so sehr gefallen hat, ersetze ich die Bilder im Kopf ungern durch Kinoimpressionen. Zu Julie Otsuka:
„Wovon wir träumten“ hat mich die kluge Empfehlung von Hildegard Keller im Literaturclub geführt und sie hatte recht: ein besonderes Buch mit einer Geschichte, die sich in einem Winkel des Gedächtnisses festsetzt.
Viele schlechte Krimis habe ich nach einigen Seiten gelangweilt weggelegt - zum Glück stiess ich auf die
O`Loughlin Reihe von Michael Robotham, die mich in Raten bestens unterhalten hat. Fasziniert habe ich auch Claire DeWitt bei ihren Recherchen in New Orleans begleitet
(Sara Gran: „Die Stadt der Toten“) .
Zum Schluss, im Dezember, gabs mit John Lanchester:
„Kapital“ noch einen richtigen Begeisterungs-Knüller. Und die Lesebegeisterung kühlte nicht ab, sondern trug mich mit David Mitchell:
„Die tausend Herbste des Jacob de Zoet“ ins neue Jahr. Das perfekte Feiertags-Buch: umfangreich, gescheit, exotisch und auch noch lehrreich. Und wesentlich spannender als die Altersheim-Silvesterparty, an der ich – sonst keine Partyverachterin - mit dem Liebsten und Wolf und Bär war und augenverdrehend auf Schlag Zwölf wartete – und darauf, dass ich endlich nach Hause und weiterlesen konnte..