plan b
Manche Dossiers aus Arbeit 3 darf ich ja ab und zu mit nach Hause nehmen, um sie dort in der Harmonie des häuslichen Alltags milde lächelnd zu vollenden. Das Dossier, das ich erst gerade vor wenigen Minuten zuklappte, wollte ich bereits am Mittwoch abschliessen. So lautete der akribisch präzise erstellte Wochenplan, der von Wolf, Bär und dem Liebsten immer wieder aufs Ärgste sabotiert wird. Zum Beispiel mit dieser Guerillataktik:
- Mittwoch, 11 Uhr 55. Der Liebste ruft an, um zu melden, dass ein Schulfreund des Bären zum Essen kommt. Zum MIttagessen, notabene, och, er hats vergessen, mir zu sagen. Bloss, dass ich bereits 100 Kilometer weit weg im Zug sitze, unterwegs zu einem Termin für Arbeit 3,5. Die Sandwiches werden nicht reichen - und was, wenn sie das Haus anzünden?
- Mittwoch, 14 Uhr. Das Dossier liegt auf dem Pult, das Haus steht noch. Mein Team Angel, das mich auch heute aus der Sandwich-Situation gerettet hat, ruft zur Besichtigung eines dringlichen Projektes. Das duldet keinen Aufschub, insgeheim bin ich dankbar für Ablenkung vom drohenden Dossier und dem sich türmenden häuslichen Chaos nach nur einem Morgen Abwesenheit.
- Mittwoch, 16 Uhr. Der Liebste ruft an, er hat seine Bankkarte steckenlassen. Ob ich nicht rasch...? Ich lege wortlos auf.
- Donnerstag, 9 Uhr. Ein weiterer Termin hält mich vom Dossier fern. Im Zug treffe ich frotzelnde Arbeitskollegen. Na, sagen sie, Heimarbeit. Ich mache gute Miene.
- Donnerstag, 14 Uhr. Nach Pizza und Kaffee lamentiert der Wolf an seinen Hausaufgaben herum. Er findet das Leben beschwerlich. Ich auch. Wir sind verzweifelt.
- Donnerstag, 15.30 Uhr. Team Angel holt den Wolf samt Aufgaben ab. Jetzt klappe ich das Dossier auf - mit rasenden Kopfschmerzen. War es das Verzweiflungsadrenalin?
- Donnerstag, 16.15 Uhr. Der Bär kommt heim und schwenkt eine Prüfung. Mir schwant Übles. Tatsächlich: eine 3 in Französisch. Wir sind gemeinsam verzweifelt, ich drohe Massnahmen an und verstecke theatralisch die bereits seit 6 Wochen gesperrte Spielkonsole. Der Bär versteckt meine Agenda. Wir knurren uns an.
- Donnerstag, 17.30 Uhr. Kopfweh, verdammt.
- Donnerstag, 18. Uhr. Wolf holen, kochen, essen, Schlagzeug- und Gitarreübungsaktivitäten anordnen, Hygienemassnahmen überwachen.
- Donnerstag, 21 Uhr. Die Nachbarin und ihr Mann klingeln auf ein Bier. Der Liebste stösst mit ihnen an, ich beisse mich stattdessen ins Dossier. Sie heucheln Anteilnahme.
- Donnerstag, 23,59 Uhr. Fertig. Fix und.
chamäleon123 - 3. Sep, 23:43