und übrigens

Samstag, 26. Juni 2010

reisefieber

Am Vortag der Abreise bin ich nicht mich selbst. Ich stehe sozusagen den ganzen Tag kopfschüttelnd neben mir und schaue mir zu, wie ich wie ein mückengeplagtes Hochlandrind im sehr alten Haus die Treppen rauf- und wieder runtertrample, irre murmelnd Leintücher zusammenraffend, Hemden, Jeans, Wanderschuhe. Und Bücher. Dann in die Küche. Espressokocher. Kaffee. Milch. Es bräuchte wenig, eigentlich, jajaja, das weiss ich auch, aber trotzdem mache ich fiebrig zitternd Listen, streiche bereits Eingepacktes durch und kontrolliere doch nochmals. Habe ich die Kontaktlinsenflüssigkeit? Das Mückenspray? Ich sollte nicht verreisen. Es ist ja jetzt hier überhaupt so schön, so Sommer und so schön warm und der Sommerjasmin blüht so herrlich. Ich sollte hierbleiben, es ist ja auch nicht ungefährlich, das Reisen.
Der kleine Bär packt selber - er rafft einfach den Inhalt des Schrankes in eine Tasche. Der kleine Wolf tut das auch und packt sieben Pijamas ein. Es soll kalt sein, sagt er, man weiss ja nie. Das stimmt, nicke ich und suche Fleecejacken, Schals, Imprägnierspray. Drucke noch letzte Reiseinfos aus. Mit dem Liebsten habe ich spätestens dann Streit, wenn er kichernd seine drei Sachen aufzählt: Pass, Geld, Klamotten. Ist doch im Nu gepackt. Er plant nämlich nichts, der Liebste, aber mitten in den Yorkshires sagt er dann, er habe mal einen Dokumentarfilm gesehen von so einem Moorgebiet, da könnten wir doch jetzt eigentlich rasch hin, keine Ahnung wo, wir schauen einfach mal. Er ist nämlich ein Extremsponti, der Liebste, zumindest beim Reisen, ich dagegen kaufe voller Vorfreude bereits im Dezember Reiseführer, wenn wir im Juni verreisen wollen.
Wir lassen uns einfach treiben, schwärmt der Liebste und ich erinnere ihn an ähnliche Treibfahrten, auf denen er nach so einem kleinen Städtchen oder Strändchen oder Tälchen gesucht hat, spontan. Ich schäume schon bei der Erinnerung daran vor Wut und packe rasch noch eine Reserveseife ein, vorsichtshalber. Er weiss nicht mal, wo wir eigentlich hinfahren und wenn das GPS plärrt "bitte! wenden! Sie!" - wen raunzt er dann wohl an?
Mir wird übel mitgespielt, schon am Vortag der Abreise und alle gehen mir geflissentlich aus dem Weg. Ich knurre, schlurfe selbstmitleidig durchs Haus, alles muss ich selber machen. Morgen, zehn Minuten vor der geplanten Abreise wird mich der Liebste fragen, wo denn seine schwarzen Hosen eigentlich seien und das Angelzeug. Vielleicht sollte ich mal bei Easy Jet rumstöbern, ganz spontan.

Sonntag, 13. Juni 2010

nordwärts

In den Ferien will der Liebste vor allem vier Dinge: Sonne, fröhliche Menschen, gutes Essen und Passeggiata am Abend. Um ihn zu einer Tour in den Norden zu überreden, braucht es deshalb sorgfältige Vorbereitung und stichfeste Argumente. In diesem Jahr überliess ich nichts dem Zufall.

Im Januar: Auflegen von Reisereportagen und Hochglanzmagazinen mit Bildern von sattgrünen Wiesen und moosbewachsenen Felsen an strategischen Stellen im sehr alten Haus.

Februar
: schwärmerische Berichte von fangfrischen Langusten, Lachsen und Meeresfrüchten

März
: erste Reiseführer auf dem Essstisch drapiert.

April: Erinnerungen aufgefrischt an die steinigen und felsigen Küsten Kroatiens, die überfüllten Strände an der Adria und die stechende Sonne in Apulien.

Mai
: Rob Roy und Braveheart im TV schauen, die ohrwurmtaugliche Filmmusik jeden zweiten Tag abspielen.

Juni Mehrmals beiläufig Zum Liebsten sagen: "Ach, was sollen wir denn im Norden, wenns hier schon neblig und kalt ist. Lass uns nach Sardinien fahren. Oder so."

Heute fragte der Liebste, ganz von selbst: "Fahren wir jetzt eigentlich durch den Tunnel rüber oder via Calais nach Dover?"

Aye!
01_Old_Man_Skye
(Bild via Capper-Online, many thanks!

Montag, 31. Mai 2010

tarnfarben

Es ist tatsächlich so: es gibt Wochen, Monate, da ist man so eifrig und immerzu am irgendetwas-tun, dass man sich nahezu auflöst vor dem Hintergrund, an Kontur verliert, fast nicht mehr sichtbar ist, sich in eine Ahnung von etwas verwandelt, von dem viele gar nicht mehr wissen, welche Form es eigentlich hat. Vom Inhalt ganz zu schweigen. Ein altbekanntes Phänomen insbesondere für Chamäleons: man passt sich so sehr an, dass man unsichtbar wird. Selbst wann man immer wieder Farbe bekennt. Oder es manchmal recht bunt treibt, dabei durch die rosa Brille guckt (und mit den silbrigen Schuhen aufstampft, aber das ist ein anderes Thema).

Donnerstag, 6. Mai 2010

gute frage

"Weisst Du, warum Du glücklich bist?", fragte heute lächelnd ein wildfremder Mann auf der Strasse.

Donnerstag, 1. April 2010

friends

Immer ruft sie mich an, nie ich sie.
Dafür sagt sie fast jedesmal unsere Verabredungen eine Viertelstunde vorher ab.
Ich finde, wir sind quitt.

Sonntag, 28. März 2010

"Spotlessness is the niece of inspiration"

Rat für Schreibende

Und wenn es dich die ganze Nacht wachhält,
spritz die Wände ab und schrubb den Boden
deines Arbeitszimmers, eh du ein Wort schreibst.

Putz die Bude, als erwartest du den Papst.
Reinheit ist die Nichte der Inspiration.

Je mehr du putzt, desto brillanter
wird dein Schreiben sein, drum zögre nicht,
aufs Feld hinauszugehn, das Untere zu wienern
von Steinen, oder im dunklen Wald die hohen Äste
abzuscheuern, Nester voller Eier.

Wenn du nach Hause hierauf kehrst,
Schwämme und Bürsten im Schrank verstaust,
wirst du im Morgenlicht erblicken
den makellosen Altar, der dein Schreibtisch ist,
eine saubre Fläche inmitten einer saubren Welt.

Aus einer kleinen Vase, glitzernd blau, nimm
einen gelben Bleistift, den spitzesten des Straußes
und bedecke Seiten mit winzigen Sätzen,
wie lange Reihen treuer Ameisen,
die dir gefolgt sind aus dem Wald.

(Billy Collins, übersetzt und via is a blog... )

tstaäschilch?

Nur shcalue Letue knnöen das lseen:

Ich knnote nhcit guablen, dass ich tsatächilch vetrsheen

kötnne, was ich hrie lsee.

Die phnämoenlae Kfrat des mschenilchen Gseiets bewrikt

luat Utnersuhcugnen an der Uinvertsität Cmabrigde, dass

es kniee Rlole spliet, in wcheler Riheenfgloe die

Bcahstuben in eniem Wort sheetn.

Wtichig ist nur, dass der etsre und der lzette Bcutshbae an

der rgtihcein Sletle snid.

Der Rset knan vlöilg drhccuinenaedr sein und man knan es

iemmr ncoh pbrolemols lseen.

Das kmomt dhear, dsas der mcehlihcsne Vrtsenad nhcit

jeedn Bcutshbaen für scih lesit, sdnoren das Wrot als

Gzaens. Etsruanlcih, nhcit whar?

Und ich dhacte iemmr, Rhcetshcriebnug sei whictig! Jzett

knönen Sie aleln erzhläen, dsas das nhcit simtmt.

Sruves

Sonntag, 21. März 2010

kluger balsam

" Bis neun, zehn machen die Kinder alles mit. Sie glauben, sie hätten die besten Eltern der Welt. Ab zwölf, dreizehn sagen manche: Fuck you, ich mache das nicht. In Deutschland* haben wir unglücklicherweise auch noch diese verdammte Schule, in der schon nach der vierten Klasse selektiert wird. Dieses System passte am Anfang der Industriegesellschaft, wo man eine kleine Gruppe brauchte, die führen musste, und eine große Gruppe, die sich führen lassen musste. Aber heute setzt das System bloß Eltern unter einen massiven Druck, den sie an die Kinder weitergeben. Meine Güte, die sind sieben, acht, neun, und ihnen wird gesagt, wenn du nicht gut genug bist, kannst du nicht an die Uni gehen. Die können sich überhaupt nichts vorstellen unter einer Uni.
Vor allem die Politiker reden, als ob Bildung alle Probleme lösen könnte – und als ob unsere Gesellschaft keine Kellner oder Köche brauchte, sondern nur Akademiker. Viel eher sollte man sich mal die Frage stellen, welche Kinder die Eltern haben wollen – und welche Kinder unsere Gesellschaft haben will. Man sollte aufhören, Kinder als reine Ressource anzusehen."


Familientherapeut Jesper Juul im "Zeit"-Magazin

Das ganze, überaus lesenswerte Interview hier

*und anderswo

Dienstag, 23. Februar 2010

augenblick mal

Wer Magenbrennen hat, schluckt zuviel Unangenehmes und sollte lieber aufbegehren. Wenn der Rücken schmerzt, bürdet man sich einfach viel zuviel auf. Und wer ständig an Kopfweh leidet, muss negative Schwingungen abblocken und den Kopf nicht mehr mit belastenden Gedanken blockieren. So einfach ist das, findet jedenfalls Frau Hay.

So gesehen wäre ihre Deutung für mein kleines Leiden wahrscheinlich sonnenklar. Wer ständig schwarz sieht, würde sie vielleicht sagen und dabei wissend lächeln, muss sich über rote Augen nicht wundern. Und auch wenn ich trotzig zu Boden schauen würde und für derlei esoterischen Klimbim höchstens eine bissige Antwort bereit hätte - ein wenig gäbe mir die Diagnose ja schon zu denken. Heimlich deute ich meine Symptome nach einem Blick in die Kristallkugel also selber: Wer ausgerechnet an Konjunktivitis leidet, sollte in seinem Leben vielleicht mal endlich wieder zum Indikativ übergehen

Samstag, 30. Januar 2010

psst.

Schweigen ist echt, echt schwierig. Eine Herausforderung. Es soll schliesslich kein trotziges Schweigen sein und kein wütendes, das einem vor lauter verschluckten Wortbrocken einen flauen Magen macht und Tränen in die Augen treibt. Sondern so ein weises, in erster Linie aufmerksam zuhörendes Schweigen. Mit mildem Lächeln, ab und zu nachdrücklichem, aber sanftem Tadel und wohlwollendem Nicken.
Schwierig, wirklich.
Vielleicht gibt es Volkshochschul-Kurse.


gelesen:


Michael Robotham
Sag, es tut dir leid


Simone Buchholz
Bullenpeitsche


John Williams
Stoner


Stephen King
Doctor Sleep


Paul Auster
Winter Journal

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Featuring:

Das CHAMÄLEON wechselt natürlich ständig die Farbe. Es läuft öfters rot an vor Wut wenn es wieder einmal an allem schuld sein soll, wird höchstens gelb vor Neid wenn es Reiseberichten anderer Leute zuhört oder ist ab und zu blau, weil es immer mal wieder die Luft anhalten soll. Der KLEINE BÄR ist mittlerweile gar nicht mehr sooo klein und muss derzeit hauptsächlich mit List und allerlei Tücke von seinem Nintendo Wii weg und zu den übrigen Freuden des Lebens hingeführt werden. Er verbringt gerne viel Zeit in seiner kuschligen Bärenhöhle und hält Schule für eine schlimme Verschwendung seiner Zeit. Der Bär ist von sanftem Charakter, aber ausserdordentlich eigensinnig. Und manchmal brummt er gehörig. Der KLEINE WOLF ist für jede Aktivität zu haben - ausser manchmal für Geschirrspülmaschine ausräumen. Er legt gerne weite Strecken zurück, auch in Wander- oder Schlittschuhen - und jagt unermüdlich nach süssem Naschwerk. Ab und zu knurrt er grimmig, heult wild und zeigt die Zähne. Macht aber gar nichts. Der LIEBSTE schliesslich ist eben einfach der Liebste. Meistens jedenfalls. Ferner wären da noch das überaus treue SCHLECHTE GEWISSEN. Und natürlich ERNST...

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